Eigentümer, die im Besitz eines Pkw sind, der vom sogenannten Volkswagen-Skandal betroffen ist, sollten zeitnah aktiv werden und den Gang zum Rechtsanwalt nicht auf die lange Bank schieben. Dies aus mehreren Gründen.
Für alle Betroffenen kommen Ansprüche gegen den Hersteller Volkswagen und zusätzlich gegen die Person in Betracht, bei der sie das KFZ erworben haben. Der Verkäufer kann ein Autohändler sein oder eine Privatperson.
Die Ansprüche, die sich gegen den Verkäufer richten, nennt man Gewährleistungsansprüche (nicht zu verwechseln mit möglichen Ansprüchen aus einer Garantie, die sich meistens gegen den Hersteller richten). Sie setzen voraus, dass die Kaufsache bei Übergabe, also bei Auslieferung, einen Mangel (§ 437 BGB) aufwies und dass heute noch keine Verjährung eingetreten ist.
Verjährung tritt in der Regel zwei Jahre nach Erhalt des Kaufgegenstandes ein (§ 438 Abs. 1 Ziff. 3 BGB). Dies bedeutet, dass bis zu diesem Zeitpunkt etwaige Gewährleistungsansprüche in verjährungshemmender Weise geltend gemacht werden müssen. Unproblematisch ist die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen in verjährungsrechtlicher Hinsicht also dann, wenn die Auslieferung des Kfz nicht bereits mehr als zwei Jahre zurückliegt. Diejenigen Betroffenen, für die die Zweijahresfrist demnächst abläuft, sollten also schon aus diesem Grunde zügig die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Da viel auf dem Spiel steht, sollte unbedingt ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.
Achtung: Bei Gebrauchtwagen kann durchaus im Kaufvertrag vereinbart worden sein, dass die Verjährungsfrist abweichend von der gesetzlichen Grundregel nicht zwei Jahre, sondern lediglich ein Jahr beträgt.
Wenn die Auslieferung des Kfz länger als zwei Jahre – beziehungsweise ein Jahr, wenn es sich um einen Gebrauchtwagen handelt und die kürzere Verjährungsfrist im Kaufvertrag vereinbart wurde – zurückliegt, die Verjährungsfrist also bereits abgelaufen ist, ist eine Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Verkäufer nur noch möglich, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies ist äußerst problematisch. Der Verkäufer des Kfz wusste in der Regel nichts vom Mangel des Kfz. Allenfalls Volkswagen als Hersteller könnte eine entsprechende Kenntnis gehabt haben, wobei es insoweit dann auch darauf ankäme, wer bei Volkswagen diese Kenntnis gehabt haben muss. Außerdem ist rechtlich nicht eindeutig, ob sich der Verkäufer irgendein Wissen des Herstellers zurechnen lassen muss. Es besteht also die Gefahr, dass nach Ablauf der Verjährungsfrist die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Verkäufer des Kfz nicht mehr möglich ist. Es bleiben dann aber etwaige Ansprüche gegen den Hersteller Volkswagen.
Unabhängig von dieser verjährungsrechtlichen Problematik sollten etwaige Ansprüche sowohl gegenüber dem Verkäufer als auch gegenüber dem Hersteller Volkswagen zeitnah geltend gemacht werden. Will man etwa vom Verkäufer die Minderung des Kaufpreises verlangen oder gar vom Kaufvertrag zurücktreten, setzt dies voraus, dass man den Verkäufer zunächst aufgefordert hat, den Mangel zu beheben. Sollte es dem Verkäufer gelingen, den Mangel zu beheben, selbstverständlich realistischerweise unter interner Hinzuziehung des Herstellers Volkswagen, wäre der sogenannte Nacherfüllungsanspruch des Käufers erfüllt, so dass kein Anspruch auf Minderung oder Rücktritt vom Kaufvertrag mehr in Betracht kommt. Wer also beabsichtigt, den Kaufpreis zu mindern oder vom Kaufvertrag zurückzutreten, der sollte nicht allzu lange damit warten, seinen Verkäufer zur Behebung des Mangels aufzufordern.
Zwischenzeitlich hat das Kraftfahrtbundesamt angeordnet, dass alle in Deutschland betroffenen 2,4 Millionen Kfz von Volkswagen zurückgerufen und repariert werden müssen. Diese Aufforderung des Kraftfahrt-Bundesamtes könnte dazu führen, dass der Mangel des Kfz über diesen Weg behoben wird, bevor der Betroffene seinen Verkäufer dazu auffordern konnte, den Mangel zu beheben. Nach der Behebung des Mangels scheiden Ansprüche auf Kaufpreisminderung und das Rücktrittsrecht aus.
Es macht also durchaus Sinn, möglichst schnell, noch bevor der Mangel des Kfz im Wege der voraussichtlich Anfang des Jahres 2016 startenden Rückrufaktion auf Veranlassung des Kraftfahrt-Bundesamtes behoben wird, den Verkäufer unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufzufordern um sodann, nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist, die weitergehenden Gewährleistungsansprüche geltend zu machen.
Und noch ein Grund spricht für die zügige Einleitung rechtlicher Schritte sowohl gegenüber dem Verkäufer als auch gegenüber dem Hersteller Volkswagen. Volkswagen wird mit ganz erheblichen Schadensersatzforderungen überzogen werden. Neben diesen Schadensersatzforderungen werden die Anspruchsteller auch Nebenforderungen, wie zum Beispiel Zinsen, geltend machen. Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass Volkswagen diejenigen Betroffenen zuerst befriedigen wird, die ihre Ansprüche bereits geltend gemacht und dadurch den Zinslauf in Gang gesetzt haben. Denn nur so lässt sich der von Volkswagen zu ersetzende Zinsschaden gering halten. Folglich werden diejenigen Betroffenen, die ihre Ansprüche nicht oder später geltend machen, wenn überhaupt, mit einer zögerlichen Regulierung durch Volkswagen rechnen müssen.